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vrouw en man voor een glaspartij

Dimitri Leue & Tine Embrechts

Interview

Theatermacher, Autor und Schauspieler Dimitri Leue hat am Königlichen Konservatorium Antwerpen studiert, wo er unter anderem von Dora van der Groen, Peter Van den Eede und Frank Focketyn unterrichtet wurde. Dank Oda Vaneygen und Barbara Wyckmans ist er zu einer festen Größe in der Theaterwelt geworden, wobei er sich primär an Kinder und Jugendliche richtet.

Dimitri verleiht sozialen und gesellschaftlichen Themen auf kreative Weise Gestalt. Schon seit über 20 Jahren sind Worte und Musik sein Ventil.

Zusammen mit dem MAS sammelte Dimitri Geschichten aus der Sammlung und der Stadt für die neue Ausstellung „Hör Zu“. Begeistert von all diesen Geschichten schrieb Dimitri ein fesselndes Hörspiel für die Ausstellung, ein Buch und eine Theateraufführung. Mit seiner Hauptfigur Kameleonie – im Hörspiel von Tine Embrechts gesprochen – erweckt er die Geschichten zum Leben. Sie kann es kaum erwarten, Sie ins Schlepptau zu nehmen.

Ein kurzes Gespräch über ihre Zusammenarbeit mit dem MAS.

Dimitri Leue, Autor

Geschichten für eine Ausstellung schreiben: Hat Ihnen der Auftrag Spaß gemacht?
Dass das MAS die Geschichten als Kulturerbe betrachtet, finde ich als Geschichtenerzähler toll. Dass etwas Immaterielles einen Platz in einem Museum erhält, rührt mich zutiefst. Natürlich werden sie dann letztlich mit Objekten aus der überwältigenden Sammlung des MAS verknüpft, aber im Wesentlichen geht es in der Ausstellung „Hör Zu“ um Worte. Man könnte sagen, dass dieser Auftrag der unerwartetste in meinem bisherigen Leben war. Deswegen würde ich gerne der Kuratorin Liene und ihrem Team meine Anerkennung aussprechen.

War es ganz anders als das, was Sie gewohnt sind?
Auf jeden Fall. Normalerweise fange ich mit einer Idee an. Dieses Mal ging es mit hunderttausend Ideen los, und das können Sie ruhig wörtlich nehmen. A1-Bögen voller Geschichten aus allen Stadtteilen Antwerpens, Geschichten aus aller Welt, die über die Schelde, den Hauptbahnhof und den Flughafen Deurne hierhergekommen sind. Geschichten, die hier hängen geblieben sind. Wie kann man ernten, wenn alles zugewachsen ist? Zunächst habe ich eine grobe Einteilung vorgenommen: Antwerpener Geschichten, weltliche Geschichten. (Ja, natürlich sind Antwerpener Geschichten auch weltlich, das ist mir klar, aber für mich hat sich „Nicht-Antwerpener Geschichten“ nicht richtig angefühlt, weil diese weltlichen Geschichten mittlerweile auch ein Stück weit Antwerpener sind). Wahre Geschichten, erfundene Geschichten. Geschichten mit Menschen in der Hauptrolle, Geschichten mit Geistern, Göttern, Tieren und Varia in der Hauptrolle. Geschichten, die gut ausgehen, Geschichten, die schlecht ausgehen. Ich habe mein Bestes gegeben, eine ausgewogene Mischung aus all diesen Geschichten zu finden. Um sie anschließend mit meiner Soße zu übergießen.

Wie entsteht so eine Geschichte bei Ihnen?
Die schwierigste Aufgabe bestand darin, aus den zwanzig ausgewählten Geschichten wiederum zwölf final auszuwählen. Das hat mir schon wehgetan. Ich habe sie nämlich alle lieb gewonnen. Aber sobald ich die Figur der Kameleonie gefunden hatte, ein Mädchen, das sich so sehr in Geschichten einfühlt, dass sie zur Hauptfigur wird (wie ein Chamäleon eben), hatte ich meine Verbindung zwischen all den Geschichten. Mir wurde klar, dass die Geschichten, die es nicht in die Ausstellung geschafft haben, nicht verloren sind. Nein, wir haben am Ende der Ausstellung sogar einen Raum geschaffen, in dem wir Dutzenden von Geschichten, die wir nicht erzählt haben, einen Platz geben. Bei den zwölf verbliebenen Geschichten habe ich versucht, mit großem Respekt vor den Geschichten etwas Humor und Poesie einzubringen.

Die schwierigste Aufgabe bestand darin,
aus den zwanzig ausgewählten Geschichten
iederum zwölf final auszuwählen
(Dimitri)

Welche Figur hat Sie am meisten überrascht?
Paul Panda Farnana und Mala Zimetbaum sind zwei wahre Geschichten. Farnana war die erste schwarze Person, die in Belgien ein Diplom erhielt. Eine unglaublich starke Persönlichkeit, genau wie Mala Zimetbaum, eine jüdische Frau, die in einem Konzentrationslager starb. Das sind zwei Charaktere, die wir als Gesellschaft benötigen, um über uns selbst nachzudenken. Nicht nur über uns als Menschen, sondern auch als Gesellschaft. Beide wurden von anderen Menschen ungerecht behandelt. Dann hofft man, dass die Welt heute eine besser ist, dass es so einen Rassismus nicht mehr gibt. Aber ich befürchte, dass wir uns diese Geschichten noch lange werden erzählen müssen, um uns unserer Fehler bewusst zu bleiben.

Gibt es eine Geschichte, die Sie weiter erzählen werden?
In der Ausstellung gibt es eine niedliche afrikanische Geschichte über eine Schildkröte, die fliegen möchte. Und sie schafft es. Sie fragen sich, wie? Nun, dann müssen Sie in die Ausstellung kommen.

Es hat Sie inspiriert, denn es gibt ein Buch und es wird eine Theateraufführung geben. Was dürfen die Menschen da erwarten?
Ich habe es immer als ein Triptychon gesehen. Das Buch betont den Text, hat wunderschöne Illustrationen von Alain Verster und enthält einen Download-Code für die Lieder. Die Ausstellung hat die Stimme von Tine Embrechts, die Sie mitnimmt durch die Geschichten und die Ausstellung. Auch hier können Sie die Lieder hören. Das theatralische Konzert wird sich auf die Lieder konzentrieren und möchte das Publikum dazu bewegen, die Ausstellung zu besuchen, oder zu der vom Kulturerbe inspirierten Musik zu tanzen.

Tine Embrechts, Kameleonie

Wie fanden Sie den Auftrag? War es ganz anders als das, was Sie gewohnt sind?
Es hat mir viel Spaß gemacht, es war sehr intensiv. Vor allem, weil ich es auch auf Englisch und Französisch eingesprochen habe. Das war zwar eine Herausforderung, aber dadurch bleibt Kameleonie in allen Sprachen dieselbe Person.
An sich hat es sich nicht so sehr von den Einsprechaufträgen unterschieden, die ich sonst mache, aber ich habe berücksichtigt, dass die Leute es in einer Ausstellung direkt über Kopfhörer anhören würden. Es ist immer auch eine Suche nach dem richtigen Tonfall für einen Charakter: Wie wird diese Kameleonie sein, wie spricht sie? Das ist immer ein Findungsprozess, der seine Zeit braucht. Es hat mir auch einfach Spaß gemacht, die schönen Geschichten zu lesen, da konnte ich mich einfach gut bei ausleben.

Ich versuche immer
mit den Ohren meiner eigenen kleinen Kinder zu hören
was ihnen gefallen würde
(Tine)

Gibt es Geschichten, die Sie weiter erzählen werden?
Ich habe mir viele Geschichten über Antwerpen dadurch wieder ins Gedächtnis gerufen, so wie die von Brabo oder dem Liebespaar, das von der Liebfrauenkathedrale sprang. Das sind schon Geschichten, die bei mir hängen geblieben sind. Aber meine Lieblingsgeschichte ist die von der Schildkröte, die fliegen konnte. Ich versuche immer, mit den Ohren meiner eigenen kleinen Kinder zu hören, was ihnen gefallen würde, und dann gehört diese afrikanische Geschichte absolut zu den Favoriten. Es ist die Verspielteste von allen.

Sie sind auch die Sängerin der Lieder aus der Ausstellung und haben daran mitgewirkt. Welches der beiden hat Ihnen am besten gefallen?
Die Musikaufnahmen haben mir vielleicht noch mehr Spaß gemacht. Wir haben mit den Stimmen gespielt und sehr intensiv nach der passenden Musik gesucht. Daran haben wir wirklich hart gearbeitet. Und das Ergebnis macht mich daher auch sehr stolz. Ich versuche auch, die Schauspielerei und die Musik in vielem, was ich mache, zu kombinieren. Ich möchte mich nicht zwischen den beiden Dingen entscheiden müssen. Deswegen gefiel mir bei diesem Projekt auch so sehr, dass es beides hatte. Ich bin sehr gespannt darauf, wie es funktionieren und wie es ankommen wird.

 

 

Uber die Ausstellung:

Hör Zu. Geschichten, gefunden in der Stadt

30.10.2021 - 15.08.2023

GESCHLOßEN - Anlässlich seines 10-jährigen Bestehens präsentiert das MAS ein bunten, ungewöhnlichen Ausstellung mit spannende und berührende Geschichten aus Antwerpen und die Welt über gierige Riesen, turbulente Lieben, Dämonen und Helden.

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